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Adolf Cluss in den 1860er Jahren
Adolf Cluss in den 1860er Jahren

Admiral John Dahlgren, Kommandant der US-Marinewerft
Admiral John Dahlgren, Kommandant der US-Marinewerft, war ein wichtiger Förderer von Adolf Cluss in den 1850er und 1860er Jahren

Adolf Cluss als Architekt des Nationalmuseums (heute Arts and Industries Building), 1880
Adolf Cluss als Architekt des Nationalmuseums (heute Arts and Industries Building), 1880


Karriere und Beruf

Informationen über Cluss' Biographie und seine Karriere in Washington finden sich auch unter Adolf Cluss.

Technischer Zeichner
Selbständiger Architekt
In öffentlichen Ämtern
Leiter von Bauprojekten

Technischer Zeichner

Im ersten halben Jahr nach seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten lebte Cluss in New York und vertiefte dort seine englischen Sprachkenntnisse. Auf der Suche nach Arbeit reiste er nach Philadelphia, Baltimore und Washington. Er fand eine Anstellung als Technischer Zeichner bei der US-Küstenwache und arbeitete im Sommer 1849 an Bord eines Marineschiffes an der Vermessung der Küsten von Maryland und Virginia. Ein Kollege von ihm bei der Küstenwache war der deutsche Immigrant William Wuerdemann, der sich knapp vier Jahrzehnte später ein Privathaus von Cluss errichten ließ.

1850 wechselte Cluss als Technischer Zeichner zur Artillerie-Versuchsanstalt der Washingtoner Marinewerft. Hier entwarf er unter anderem Kanonen und Schmelzöfen. Vermutlich war er auch für die Baupläne der neuen Kanonengießerei verantwortlich.

Mit seiner beruflichen Position und dem Leben in Washington war Cluss in dieser Zeit alles andere als zufrieden. Seine Stelle bei der Marinewerft war ihm nach eigener Aussage "verhaßt". Er suchte nach anderen Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und spielte mit dem Gedanken, nach Europa zurückzukehren. 1852 bat er seinen Vater um Geld für eine Karriere als Buchhändler, doch dieser schlug ihm vor, stattdessen eine Zementfabrik und Ziegelei zu betreiben, was Adolf Cluss für "zu schmuzig" hielt.

Anfang 1855 fand Cluss doch eine andere Anstellung und wechselte, noch immer als Technischer Zeichner, zur Bauabteilung des US-Finanzministeriums. Seine Eindrücke aus seiner insgesamt dreijährigen Tätigkeit dort fasste er in einem kritischen Pamphlet zusammen, das 1869 vom amerikanischen Architektenverband herausgegeben wurde.

Nach seiner Europareise 1858, bei der Cluss seinen Teil des väterlichen Erbes erhielt, ließ er sich in Philadelphia nieder und gründete dort mit einem Freund namens Fischer eine Brauerei, die jedoch nur kurz bestand. Im April 1859 kehrte Cluss als Zeichner zur Artillereiabteilung der Marinewerft zurück und arbeitete dort eng mit deren Kommandeur Admiral Dahlgren zusammen, der mit neuen waffentechnischen Erfindungen Militärgeschichte geschrieben hat.

Selbständiger Architekt

In seiner aktiven Zeit als selbständiger Architekt zwischen 1862 und 1889 entwarf Cluss fast 90 Gebäude, darunter Schulen, Kirchen, größere Verwaltungs- und Geschäftsgebäude und zahlreiche Wohnhäuser.
Noch während seiner Anstellung bei der Marinewerft und mitten in der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs gründete Cluss 1862 zusammen mit dem deutschen Einwanderer Joseph von Kammerhueber ein eigenes Architekturbüro. Im ersten Jahr arbeitete nur Kammerhueber Vollzeit für die eigene Firma - und dies in der Privatwohnung von Cluss in der Second Street, NW. Cluss hingegen arbeitete weiterhin hauptsächlich für die Marinewerft, bis auch er ein Jahr später den endgültigen Sprung in die Selbständigkeit wagte. Der berufliche Durchbruch kam 1864 mit dem Bau der ersten öffentlichen Schule Washingtons, der Wallach School.

In seiner Zeit als selbstständiger Architekt arbeitete Cluss mit verschiedenen Partnern zusammen. Nachdem die Verbindung mit Kammerhueber 1868 im Unfrieden auseinander gegangen war, führte Cluss sein Büro zunächst alleine bzw. mit wenigen Angestellten weiter, bis er sich 1877 mit dem Architekten Frederick Daniel zusammentat. Diese Kooperation zerbrach schon im darauffolgenden Jahr. Von 1879 bis 1889 bestand eine berufliche Partnerschaft mit dem Architekten Paul Schulze. 1867 trat Cluss dem amerikanischen Architektenverband AIA bei, von dem er 1890 in den Vorstand gewählt wurde.
Weitere Informationen zu Cluss als Architekt

In öffentlichen Ämtern

Adolf Cluss stand mehrfach im Dienst der öffentlichen Verwaltung des Districts of Columbia und des Bundes und bewarb sich häufig um Aufträge für neue Verwaltungsbauten. Er entwarf viele öffentliche Schulen für den District of Columbia, zahlreiche Bauten für Bundesbehörden, die Armee und die Marine sowie eine Stadthalle in Alexandria, Virginia, und nahm - nicht immer erfolgreich - an zahlreichen Wettbewerben für Bundes- und lokale Verwaltungsgebäude teil (Siehe Nicht realisierte Entwürfe). In den frühen 1870er Jahren fand sich Cluss in öffentlichen Ämtern wieder: so wurde er 1870 Chef des "Bureau of Buildings" der Stadt Washington und ein Jahr später Chefingenieur der Stadt und Mitglied des Städtischen Baurats (Board of Public Works) - eine Position, die er nach einem Skandal 1874 verlassen musste.
Weitere Informationen zu Cluss als Ingenieur

Erneut ein öffentliches Amt bekleidete Cluss, schon im Rentenalter, in den von 1889 bis 1894 als Inspektor für öffentliche Gebäude der US-Verwaltung.
Weitere Informationen zu Cluss als Inspektor für öffentliche Gebäude.

Leiter von Bauprojekten

Nachdem er in den frühen 1890er Jahren seine Karriere als selbständiger Architekt beendet hatte und aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden war, erhielt Cluss Aufträge als Bauleiter oder Bauunternehmer für größere Projekte. Er überwachte Projekte des Ingenieurcorps der Armee (siehe Nrn. 92 und 93) sowie im Jahr 1900 für die Hearst School für Mädchen. Sowohl General John A. Wilson vom Ingenieurcorps der Armee als auch der Gestalter der Hearst School, der New Yorker Architekt Robert Gibson, kannten Cluss gut und schätzen sein Qualitätsbewusstsein bei Material und handwerklicher Ausführung. Zweifelsohne fühlten sie sich auf der sicheren Seite, wenn ein Mann wie Cluss, der über breite Kenntnisse im Baugewerbe verfügte, die tägliche Arbeit auf der Baustelle überwachte. Was Cluss selbst betrifft, schon scheint dieser in seinem achten Lebensjahrzehnt noch keineswegs an ein einfaches und ruhiges Leben im Ruhestand gedacht zu haben. In den frühen 1870er Jahren und in einer viel beschäftigteren Epoche seines Lebens hatte Cluss bereits einmal als Bauleiter gearbeitet, als er im Auftrag des Obersten Architekten (Supervising Architect) der US-Bundesverwaltung, A.B. Mullet, den Bau des Gefägnisses des Districts of Columbia überwachte.
In seinen späteren Jahren beteiligte sich Cluss auch an der Finanzierung weiterer Wohngebäude in Washington. Als er 1905 starb, hatte er er über die Hälfte seines privaten Kapitals in Häuserhypotheken einer Gesellschaft investiert, die den Bau und den Verkauf von bescheidenen Mittelklassehäusern in der Stadt betrieb.

 

 

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